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Es naue Klo!

in 16.11.2021 18:18
von Harald.Herrmann | 708 Beiträge

"Es Bettche en sein Aujust" hatten nach erfolgreichem Start ihres kombinierten Schuh und Konfektionsladen mit angeschlossener Werkstatt des Öfteren auch Kunden, die den Wusch äußerten, auch mal die Toilette aufsuchen zu dürfen. Mit der Zeit war es ihnen schon recht peinlich, als "Geschäftsleute" zugeben zu müssen, dass aus "abwassertechnischen Gründen" auf dem ganzen Grundstück tatsächlich nur das in die Stallwand eingepasste Außenklo mit der herzförmigen Lüftungsöffnung zur Verfügung stand. Also wurde zu all den schon bestehenden Provisorien ein weiteres hinzugefügt, die kaum lohnende und zudem bis in die Ladenräume geruchsbelästigende Schweinemast wurde aufgegeben und der Schweinestall zu Bad und Toilette für Privat, Toilette für Besucher und dringend notwendigem Lagerraum umgebaut.
Es kam ein tolles "Wee Zee" mit deiner Druckspülung hinein - und gefühlt jeder Dorfbewohner hatte in kürzester Zeit die neue Errungenschaft eingeweiht. Dass man dafür auch eine Kleinigkeit einkaufte ließ übrigens den Umsatz an Unterwäsche, Socken, Damenstrümpfen und Schuhpflegemittel in die Höhe schnellen und war - das stellte Aujust, der die Buchführung "unter sich hatte" im Nachhinein fest - in diesem Segment über Jahre in einer für dörfliche Verhältnisse zufriedenstellenden Höhe verblieben.
Kurzum, die Toilette sorgte durchaus für ein Umsatzplus und war in der Zeit, als auf den Dörfern Wasser und Abwassergebühren kein Thema waren auch kein großer Kostenfaktor.
In den allerersten Tagen kam auch "es Kalinche", eine alleinlebende, schon etwas merkwürdige Frau in den Laden, um das "Wunderding" zu bestaunen.
"Es Kalinche", das muss man wissen, war nicht mehr so gut zu Fuß, und da sie, um zum Plumpsklo im Stall zu gehen, acht Treppenstufen in den Hof runtersteigen und unterwegs noch einige Stolperfallen überwinden musste beschränkte sie ihre "Klogänge auf das absolute Minimum, also das "große Geschäft", während sie sonstige kleine Geschäfte ins "Pissdeppe" erledigte, das sie der Einfachheit halber durch das kurzerhand geöffnete Schlafzimmerfenster in die am Haus entlangführende Gosse entleerte. Man wusste im Dorf Bescheid und mied diese Seite der Gasse - und dass ab und an mal ein besonders eifriger Vertreter eine Dusche abbekam wurde mit Freude zur Kenntnis genommen, wobei alle Nachbarn mit zur Schau getragenem Mitgefühl beteuerten, dass da mit Sicherheit keine Absicht bestehen würde, "es Kalinche" wäre so gut wie blind und taub.
Nun ja, Kalinche bestaunte "doas naumorich Hexewerk", machte einen Rundgang durch den Laden, immer wieder "woas es doch nit all gebt" murmelnd, erstand zwei Waschlappen und zwei Handtücher und stellte plötzlich fest, dass sie den Heimweg doch nicht mehr schaffen würde, ohne zuvor "doas komisch Deng" benutzt zu haben.
»Owwer Bettche, dou basst off, bleibst häi stieh, en wann aich rufe, kimmste schnell en helfst mer.«
»Do kannste daich droff verlosse, Kalinche!«

Es dauerte nicht lange, und von drinnen klang das Rauschen des Druckspülers, das gar nicht aufzuhören schien, und ein verzweifeltes:
»Du läiwer Gott, du läiwer Gott, woas mach aich bluus …«
»Kalinche, woas es dann luus?«
»Ach Bettche, Komm schnell en mach maich häi luus, aich gläwe. sonst säch aich mich duud!«

Bettche riss die Tür auf und sah, dass es Kalinche sich irgendwie so mit einem ihrer Unterröcke am Druckspüler verhakt hatte, dass der auf Dauerbetrieb lief, befreite sie mit einem Handgriff - und weg war "es Kalinche" …

zuletzt bearbeitet 16.11.2021 19:45 | nach oben springen


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